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Geld, Feld, Wald und Wiese

Artikel „€uro am Sonntag“, Ausgabe 12/09

Geld, Feld, Wald und Wiese – auf der Flucht vor den Risiken der Aktienund Anleihemärkte entdecken die Anleger Investments in Forst- und Agrarwirtschaft

von Carl Batisweiler

Es gab zwei heftige Explosionen, Maschinengewehrsalven knatterten, der Präsidentenpalast in Antananarivo war Montagabend in dichten Rauch gehüllt. Am Dienstag hatte sich der Qualm verzogen, und Madagaskar hat seither einen neuen Präsidenten. Anlass für den Putsch von Opposition und Militär auf der Insel im Südosten Afrikas war Ackerland: Der frühere Staatschef Marc Ravalomanana hatte im Herbst in einem Handstreich die Hälfte des bebaubaren Landes an den Daewoo Konzern aus Korea verpachtet – kostenlos, für 99 Jahre. Der Deal mit Daewoo war schon im Januar geplatzt, die versprochenen Milliardeninvestitionen in moderne Landwirtschaft wird der neue Präsident Andry Rajoelina in dem bitterarmen Land nicht ersetzen können – eine neue Chance für Anleger aus dem Ausland, die neben Kapital und Know-how mehr Diplomatie als die Koreaner mitbringen.

Zum Sicherheitsbedürfnis deutscher Anleger, die von abgestürzten Aktienkursen oder den Ausfallrisiken von Anleihen ohnehin stark gebeutelt sind, passen die afrikanischen Kriegsszenarien allerdings kaum. So weit in die Ferne schweifen müssen sie auch nicht, denn stabile und sichere Erträge durch Investitionen in Agraroder Waldflächen sind auch in Deutschland oder etwa den osteuropäischen Nachbarländern möglich. Die Rückkehr der Anleger aufs gelobte Land ist sinnvoll: „Die Landbesitzer von heute sind die Ölscheichs von morgen“, formuliert etwa Professor Jens Kleine von der Steinbeis-Hochschule in Berlin. Der Alternative zu Aktien und Co liegt eine einfache Anlageidee zugrunde: Die drei Produktionsfaktoren sind Arbeit, Kapital und Boden. Den Faktor Arbeit bedient die wachsende Weltbevölkerung, Kapital ist trotz der Finanzmarktkrise nicht knapp geworden – doch Boden ist nicht vermehrbar. Die landwirtschaftlichen Flächen werden durch Urbanisierung, Versteppung oder Erosion sogar immer knapper. Knappe Güter aber steigen im Preis. Den Trend zu sogenannten Real Investments, bei denen die Anleger ihren Einsatz nicht nur in Papieren, sondern auch zum Anfassen haben können, erkannten wie so oft die professionellen Geldverwalter zuerst. Wie einst die Fürsten Thurn und Taxis ihre Latifundien häuften beispielsweise die Eliteuniversitäten der USA nach dem Platzen der Dotcom-Blase Beteiligungen an Wäldern an. Spekulant George Soros hat sich in Südamerika 4000 Quadratkilometer Land für den Zuckerrohranbau gekauft. Und CNN-Gründer Ted Turner ist nicht nur in den USA, sondern auch in Argentinien einer der größten privaten Landbesitzer. „Wir sehen schon länger, dass viele institutionelle und große Vermögen verstärkt in die Forstwirtschaft gehen, da sie reale Werte im Portfolio wollen“, bestätigt Dirk Meier Westhoff, dessen Firma Agrarboden einer der großen Vermittler von land- und forstwirtschaftlichen Flächen in Europa ist.

Nachdem zuerst Spezialfonds Gelder von Großanlegern eingesammelt haben und dafür beispielsweise Zuckerrohrfarmen in Brasilien oder ehemalige landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften in Osteuropa übernahmen, kamen in den vergangenen zwei Jahren auch Angebote von geschlossenen Fonds für Privatanleger auf den Markt, bei denen die Einstiegshürde statt einer halben oder ganzen Million Euro wie bei den Institutionellenfonds nur noch einen fünfstelligen Betrag ausmacht und das Kapital über einen überschaubaren Zeitraum von weniger als zehn Jahren gebunden ist. Seit €uro am Sonntag vergangenes Jahr im Juni mit der Titelgeschichte „Das nächste große Ding: Land“ den Trend zu Real Investments vorgestellt hatte, ist das Interesse der Anleger an solchen alternativen Formen der Geldanlage deutlich gestiegen, bestätigen die Anbieter. Der australische Fondsspezialist Macquarie etwa hatte binnen kurzer Zeit die Anteile für Private an einem Fonds verkauft, der in Down Under auf seinen Flächen Rinder und Schafe züchtet. Inzwischen sind Folgeprodukte verschiedener Initiatoren in Arbeit. Macquarie etwa startet im Mai speziell für deutsche und österreichische Anleger einen neuen Agrarfonds, der auf Milchwirtschaft, Mandelproduktion, Wein und Weizenanbau setzt. „Die Idee ist, in großflächige und hoch mechanisierte Agrarbetriebe zu investieren, die mit den Abnehmern ihrer Produkte eng verzahnt sind. Das sorgt für sichere und stabile Cashflows“, erklärt Macquarie-Fondsexperte Axel von Rosen das Modell.

Mit dem reinen Kauf von Agrar oder Waldflächen ist es ohnehin nicht getan. Bei diesen Immobilien gelten andere Regeln als im Markt für Bürogebäude oder eben an den Börsen. Die Kapitalsammler müssen sich externes Management und Know-how sichern, die dafür sorgen, dass der Besitz auch Renditen abwirft. Die Altira Group beispielsweise, die einen rund 100 Millionen Euro schweren Agrarfonds mit Schwerpunkt Osteuropa für Institutionelle vorbereitet, hat sich dazu mit der StotzSzustak-Gruppe einen der größten landwirtschaftlichen Dienstleister Europas gesichert. Spezielles Know-how braucht auch die Agrarius AG, die in rumänische Ackerböden investiert und für die Expansion derzeit für eine Kapitalerhöhung wirbt. Allerdings bewirtschaftet die Firma die Böden nicht selbst, sondern verpachtet sie an Bauern vor Ort. „Wir kalkulieren mit rund fünf Prozent Pachterlösen auf den Kapitaleinsatz“, sagt Vorstand Ottmar Lotz, „zusätzlich rechnen wir mit sechs bis sieben Prozent Wertsteigerung der Böden pro Jahr.“

Diese Werte bestätigt Experte Meier Westhoff: „Für das Banat und Westrumänien kann man mit fünf bis zehn Prozent Zuwachs rechnen.“ Grundsätzlich gilt: „Es müssen auch Flächen oder Forste zu Preisen am Markt angeboten werden, die eine vernünftige Verzinsung des eingesetzten Kapitals ermöglichen“, so Dirk Meier Westhoff. Nachdem mit der Hausse der Agrarrohstoffe auch die Bodenpreise weltweit stark angestiegen waren, sei mit dem Ende der Rohstoffrally „eine merkliche Abkühlung der Preise“ eingekehrt. „Derzeit ist das Preisniveau in den interessanten Regionen noch fair, um die angestrebten Renditen zu ermöglichen“, sagt auch DWSExperte Jan Goetz, deren Waldfonds Access Global Timber voraussichtlich noch bis Juni Kapital annimmt. Im Portfolio hat der Fonds inzwischen elf Investments in zehn verschiedenen Ländern auf fünf Kontinenten. „Damit haben wir global diversifiziert. Zudem bietet der Immobiliencharakter Anlegern einen Inflationsschutz, der in der Zukunft noch wichtiger werden kann“, so Goetz. Fünf Prozent des Fondskapitals wurden bisher für Beteiligungen an Holz verarbeitenden Betrieben investiert, um auch an der Verarbeitung des Rohstoffs zu verdienen. Speziell auf Privatanleger zugeschnitten sind die Beteiligungsmöglichkeiten an Edelholzplantagen in Süd- und Mittelamerika. Als Verkaufsargument dient neben einer möglichen Rendite „schon nach wenigen Jahren“, wie viele Prospekte formulieren, vor allem die Nachhaltigkeit und der Umweltgedanke. Nur wenigen Anlegern ist bewusst, dass es sich bei wirtschaftlich betriebenen Mahagoni- und Teakholz- oder Robinienplantagen um schlichte Monokulturen handelt, die auch nicht von schützenswerten Indianerstämmen durchforstet werden. Forstexperten beurteilen zudem die Ankündigung von ersten Einnahmen schon fünf Jahre nach Pflanzung für vollkommen unrealistisch. Zudem sind die Verwaltungs- und Personalkosten dieser Fonds oft viel zu hoch, um die angekündigten zweistelligen Renditen auch verwirklichen zu können. Und der Gedanke des Real Investments kommt in der Regel zu kurz, manche Fondsanbieter werden nicht einmal selbst Eigentümer des Bodens. Bei Misswirtschaft droht den Anlegern zudem oft noch eine Nachschusspflicht. Institutionelle Anleger fassen derart konstruierte TimberBeteiligungen jedenfalls nicht an. Der politische Linksruck in Südamerika lässt zudem Zweifel an der Rechtssicherheit in den Zielländern aufkommen. Die Sicherheit ihrer Anlagen ist auch den US-Unis wieder wichtig. Nachdem sie Milliarden Dollar in Hedgefonds umgeschichtet hatten und verloren haben, kaufen sie inzwischen wieder Wald – hauptsächlich in der Heimat und in Kanada. Auch bei den großen deutschen Investoren beobachtet Dirk Meier Westhoff eine neue Heimatverbundenheit, „nachdem sie in Ländern des Ostens durch Pleiten, Korruption und andere Probleme skeptisch wurden“. Der Fachmann: „Wir erleben eine Renaissance Ostdeutschlands.“ Solange diese Real Investments rentieren, muss Afrika einfach noch warten.